Diebe des Glücks
- Marius Winkler
- 29. Dez. 2024
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 30. Dez. 2024
Wir alle sind auf der Suche danach, aber keiner findet es so richtig. Das Glück. Mir wurde mal gesagt, dass es am Ende des Regenbogens zu finden ist. Wo verdammt nochmal sind denn bei einem Regenbogen der Anfang und wo das Ende? Ich kann euch sagen: absolut keine Ahnung. Oder habe ich es falsch verstanden und das Glück findet man genau unter der Stelle am höchsten Punkt des Regenbogens. Hat jemand zufällig ein Lineal und Geodreieck dabei, damit ich es abmessen kann, wo ich graben muss? Und wie tief eigentlich? Was ist, wenn ich alles umgepflügt habe und da gar nichts ist? Gibt es denn überhaupt etwas zu finden oder ist das alles ein Märchen?
Bevor wir es herausfinden, sind wir uns, glaube ich, bei einem alle erst Mal einig. Der Regenbogen ist doch eines der schönsten Naturschauspiele unserer Erde. Ist der Anblick nicht vielleicht schon das Glück, wonach wir alle suchen? Reicht es nicht einfach diese Anmut zu bewundern, ohne irgendetwas finden zu müssen? Was hindert uns denn glücklich zu sein? Können wir es denn nicht einfach sein? Wenn das sooo einfach wäre. Dann wären wir es doch alle, oder? Naja, theoretisch schon. Da gibt es ja aber noch diese verflixte Praxis.

Es gibt da etwas toxisches, was wir regelmäßig und wiederkehrend tun, was unserem eigenen Glück im Weg steht. Und das tun wir, ohne es zu merken. Was könnte das denn wohl sein? Kleiner Tipp: Da gibt es diese kleinen Diebe, die uns daran hindern einfach mal glücklich zu sein. Äh?… Aladdin & Abu? Robin Hood? Die Piraten der 7 Meere? Disney's Panzerknacker? Ja stimmt, das sind auch Diebe, aber nicht genau das, wonach ich suche. Ich verrate es euch.
„Die Vergleiche mit anderen,
sind die wahren Diebe unseres Glücks".
Vergleiche? Was meinst du denn damit genau? Ich wusste, dass die Frage kommt. Da ihr alle Beispiele so liebt, habe ich da natürlich wieder etwas für euch vorbereitet. Kehrt einmal gedanklich in eure Kindheit zurück. Vielleicht haben diese kleinen Diebe genau dort ihren Ursprung.
Riiiiiiiiing.... Die Schulglocke läutet und alle Kinder sprinten freudestrahlend aus dem Klassenzimmer in Richtung Wochenende. Endlich Freizeit, endlich ausschlafen, endlich spielen. Zu schön um wahr zu sein. Naja, wäre da nicht ein kleiner Stimmungsdämpfer. Die beliebten Hausaufgaben und als Kirsche auf der Sahnetorte die Vorbereitung auf den Mathetest am Montag. Puh, sind wir nervös. Bei den letzten Tests sind wir immer ziemlich durchgerasselt. Wir wollen einfach nur bestehen. Dazu brauchen wir eine 4. Das schaffen wir. Wir glauben an uns. Wir nutzen die Zeit und bereiten uns besser vor als sonst.
Das Wochenende verging wie im Flug und dann steht der Tag schon vor der Tür. Mit geschwellter Brust marschieren wir in die Schule. Wir sagen zu uns. Ich habe keine Angst vor dir. Du bist nur ein Test. Du hast keine Chance gegen mich. Auf in den Kampf. Wir schreiten ins Klassenzimmer, setzen uns und wenig später werden die Tests ausgeteilt. Wir überfliegen die erste Frage, die uns schon etwas überfordert und aus dem Konzept bringt. Unser ganzes Selbstverständnis ist wie weggeflogen. Okay okay, nur keine Panik. Wir bleiben bei unserem Plan. Zur Not improvisieren wir. Alles easy. Wir schreiben wild drauf los und bei Ablauf der Zeit haben wir zu jeder Frage etwas geschrieben. Wir atmen erleichtert auf. Das war gar nicht so schlecht.
Am nächsten Tag können wir es kaum erwarten das Ergebnis zu erfahren. Die Lehrerin teilt die Tests aus und wir schauen gespannt auf die Bewertung. Ein lauter Schrei hallt durch das Klassenzimmer. Was ist passiert? Enttäuschung oder Freude? Eine 3+. Wir können es kaum glauben, machen Luftsprünge und könnten die Welt umarmen. Die Schulglocke läutet und wir laufen schnurstracks nach Hause. Wir können es kaum erwarten unseren Eltern davon zu erzählen. Aufgeregt verkünden wir die freudige Botschaft und Mama & Papa sind unfassbar stolz auf uns. Das macht uns richtig glücklich.

Am darauffolgenden Tag gehen wir hüpfenden Schrittes wieder in die Schule und die Lehrerin lobt uns nochmal alle für die tollen Ergebnisse. Sie hatte uns am Tag zuvor aber vergessen den Notenspiegel mitteilen und verkündet die Klassenergebnisse. Über die Hälfte der Klasse hat eine 1 oder eine 2 geschrieben, ein paar Kinder eine 3, wenige eine 4 und es ist keine 5 oder 6 dabei. Herzlichen Glückwunsch.
Wir lassen das Gesagte sacken, überlegen kurz und in einem Moment fällt unser ganzes Glück, dass wir doch gerade noch hatten, in sich zusammen. Der Großteil der Klasse hat bei dem Test besser abgeschnitten als wir. Wir fangen an uns in unserem Kopf alles schlecht zu reden und sind zu Tode betrübt.
Halt, stop mal! Wo ist das Glück und die Freude auf einmal hin?
Lasst uns dazu nochmal kurz zurück spulen. Ursprünglich hatten wir doch das Ziel ausgegeben zu bestehen und haben das mit der 3+ sogar weit übertroffen. Wir haben uns doch selbst versprochen, dass wir dann glücklich wären. Waren wir es? Ja, waren wir. Aber leider nur bis zu dem Zeitpunkt als wir uns mit den anderen verglichen haben. Dabei hat der Notenschnitt doch nichts an unserem persönlichen Ergebnis geändert. Nur die Betrachtung hat sich auf einmal um 180° gedreht. Das Glück ist auf einmal wie Sand in unseren Händen einfach davongeglitten und wir sind in ein tiefes Unglück gestürzt.

Kommt euch bekannt vor, was? Als Kinder fangen wir bereits an uns mit anderen zu messen und Wettkämpfe auszutragen. Das ist gut und eine ganz normale Entwicklung. Nur tun wir das ein Leben lang - in so gut wie jeder Situation - und machen unser eigenes Selbstwertgefühl davon abhängig.
Hört mal her. Ich habe da noch ein ganz passendes Szenario in der Hosentasche, dass - auch wenn ihr nicht ins Fitnessstudio geht - für jede Lebenssituation zählt.
Wir befinden uns beim Sport im Gym und trainieren, was das Zeug hält. Wir sind richtig motiviert, gut drauf und super stolz auf unsere Fitness & unseren Fortschritt. Dann schauen wir uns um und sehen jemanden, der gesünder, fitter, stärker & schneller erscheint als wir. Unsere Gemütslage verändert sich wieder schlagartig. Wir fühlen uns schlecht und sind eingeschüchtert. Aber warum zum Teufel? Ganz einfach: Weil wir dabei immer 2 Dinge vergessen!
Du bist heute gesünder, fitter, stärker & schneller, als du es damals warst, zu einer Zeit, wo du dir genau das als dein Ziel ausgegeben hast
Neben dir ist jemand, der sich wünschen würde, wenn er so gesund, fit, stark und schnell wäre, wie du
Daher merkt euch bitte eine ganz wichtige Lebensweisheit:
„Vergleiche dich mit der Person, die du gestern warst,
nicht mit irgendeiner Person von heute.“
(Zitat von Jordan B. Peterson aus dem Buch "12 Rules for Life)
Ständig machen wir jedoch unser Glück von anderen abhängig und setzen uns selbst diese dunklen Wolken in den Kopf. Sämtliche Werbungen, Magazine und Social Media Plattformen, wie Facebook, Instagram, TikTok, YouTube tragen sehr zu unserem Unglück bei. Wir bekommen immer wieder vor Augen gehalten, wie ein "perfektes Leben" aussieht. Nur so nebenbei: Wieder ein Ammenmärchen.
Bilder von glücklichen Partnerschaften & Familien
Bilder von fehlerfreien und makellosen Körpern
Bilder von den gesündesten Routinen & Ernährungsweisen
Bildern von den tollsten Reisen, Events & Erlebnissen
Bilder von außergewöhnlichen Autos, Häusern und Jobs
Wir sitzen dann in unserem Alltag vor unseren Bildschirmen und scrollen durch diese Momentaufnahmen. Wir fragen uns, warum alle so glücklich sind und nur wir dieses ereignislose, eintönige und langweilige Leben haben. Ist unser Leben denn wirklich schlechter und sind alle anderen wirklich so glücklich und perfekt, wie es scheint?
Klare Antwort: Nein, man!
Bringt es uns denn etwas die "Highlights" im Leben der anderen, mit den "Lowlights" unseres eigenen Lebens zu vergleichen. Nein! Wir fangen dann leider sogar schon an unsere eigenen Highlights zu hinterfragen und mit denen der anderen zu vergleichen, wodurch sie für uns plötzlich auf einmal an Wert verlieren. Das sind die bekannten Äpfel- & Birnen-Vergleiche. Die beiden sind nicht vergleichbar und sollten auch niemals verglichen werden. Birnen sind genauso wertvoll, wie Äpfel und Äpfel genauso wertvoll, wie Birnen. Die beiden sind unterschiedlich, aber auf ihre eigene individuelle Art & Weise wertvoll.
Sämtliche positive Dinge, schöne Erinnerungen und Erfolge, die auch wir in unserem Leben erreicht haben, müssen bestehen bleiben und sollten immer den Wert haben, den sie uns zu dem jeweiligen Zeitpunkt gegeben haben, als wir sie aufgesammelt haben. Vergleiche führen aber oftmals zu diesem imaginären Werteverlust. Es bringt uns Unglück immer nach links und rechts zu schauen. Dieser ungewollte, unterbewusste Konkurrenzkampf muss aufhören.

Sollten wir uns jetzt niemals vergleichen?
Nein, natürlich dürfen wir das, weil wir daran nicht immer vorbeikommen. Aber wir müssen ändern, wie wir damit umgehen. Wir können uns Motivation, Inspiration & Hilfestellung holen, aber uns niemals schlecht fühlen, wenn bei anderen etwas besser erscheint, als bei uns. Schaut vor allem auf euch!
"Wer seine Sicht auf andere richtet,
verliert sich selbst aus den Augen."
(Zitat von Andrea Weidlich aus dem Buch "Wo ein -fuck it- da ein Weg")
Ich sag' euch was. Es wird immer jemand geben, der in irgendetwas besser ist, als wir. Aber es wird auch immer jemand geben, bei dem irgendetwas nicht so gut sein wird, wie bei uns. Für den seid ihr dann die Motivation, Inspiration & Hilfestellung. Denkt beim nächsten mal bitte daran.
Wir arbeiten in unserem Leben auf so viele Dinge hin. Wir tun teilweise alles dafür unsere Ziele zu erreichen, mit Blut, Schweiß und Tränen. Lasst uns endlich glücklich über unsere persönlichen Erfolge sein. Ohne Druck, ohne Erwartungen, ohne diese endlosen Vergleiche. Letztendlich dürfen wir doch auch mal für uns selbst genug sein. Wir haben unseren Schatz schon in der Hand.
Versucht in eure Schatztruhe des Glücks regelmäßig eine weitere Bronze-, Silber- oder Goldmünze reinzuwerfen. Manchmal vielleicht auch nur einen Knopf oder auch mal gar nichts. Dann schaut sie euch gelegentlich einfach nur an, aber bitte leert sie niemals frustriert aus. Betrachtet sie immer voller Stolz, was da alles schönes drin liegt. Also, Mundwinkel nach oben ziehen und merkt euch bitte: Immer wenn ihr eure Schatztruhe öffnet, wird sie euch anstrahlen und ihr werdet zurückstrahlen. Dazu braucht es die Schatztruhen der anderen nicht.
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